Die Rolle der Wissenschaft in der Trainingsplanung: Wahrscheinlichkeiten und keine Wahrheiten.

In den letzten Jahren hat sich in der Fitnesswelt das evidence-based Movement durchgesetzt. Immer häufiger wird betont, dass Aussagen nur dann “richtig sind” gelten, wenn sie durch wissenschaftliche Studien untermauert sind. Aber was bedeutet das eigentlich für die Praxis? Gerade im Kontext von Trainingsplanung, Ernährung und Performance-Optimierung stellen sich viele Fragen: Wie viel Einfluss hat die Wissenschaft wirklich auf unsere täglichen Trainingsmethoden, und wie sollte man Studien richtig einordnen? In diesem Blogbeitrag möchte ich die Rolle der Wissenschaft im Training näher beleuchten und aufzeigen, warum sie nicht immer die endgültige Wahrheit liefert.

Was ist Wissenschaft und was soll sie uns bringen?

Wissenschaft dient vor allem einem Zweck: Erkenntnisse zu sammeln, um die Welt besser zu verstehen. Im Training bedeutet das, dass wir durch wissenschaftliche Untersuchungen versuchen herauszufinden, wie bestimmte Faktoren zusammenhängen und welche Wahrscheinlichkeiten bestehen, dass ein bestimmtes Training oder eine Methode die gewünschten Ergebnisse bringt.

Die Wissenschaft gibt uns also eine Einschätzung darüber, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Maßnahme funktioniert, nicht jedoch, dass sie garantiert funktioniert. Sie zeigt uns Wahrscheinlichkeiten, aber sie behauptet nicht, alles zu wissen oder zu beweisen.

Wissenschaft zeigt Wahrscheinlichkeiten – keine endgültige Wahrheit

Ein zentraler Punkt, den viele missverstehen, ist, dass die Wissenschaft nie behauptet, alles zu wissen. Sie liefert keine absoluten Wahrheiten. Stattdessen arbeitet sie mit Modellen und isolierten Faktoren, um zu verstehen, wie diese unter bestimmten Bedingungen miteinander zusammenhängen. Doch dabei reduziert sie die Welt oft auf einen kleinen Ausschnitt – das kann uns helfen, bestimmte Zusammenhänge zu erkennen, aber auch die Komplexität der Welt in der wir leben, zu stark vereinfachen.

Besonders im Bereich des Trainings ist dies von Bedeutung. Unsere Trainingsergebnisse hängen nicht nur von einem Faktor ab – vielmehr gibt es zahlreiche Einflussfaktoren, die wir nicht immer kontrollieren können, wie zum Beispiel die Genetik, der Schlaf oder die Ernährung.

Einflussfaktoren: Was wir nicht wissen

In vielen wissenschaftlichen Studien gibt es oft sogenannte "EInflussfaktoren", die nicht berücksichtigt werden. Das können Dinge sein, von denen wir nicht wissen, dass sie einen Einfluss auf das Ergebnis haben, oder die wir einfach nicht kontrollieren konnten. Gerade bei Studien am Menschen wird klar: Jeder Athlet ist individuell, und das menschliche Verhalten lässt sich nicht immer in ein Labor-Setting pressen. Ein Sportler verhält sich im Training anders als in einer kontrollierten Studie. Das ist ein weiterer Grund, warum Studienergebnisse nicht immer universell anwendbar sind.

Wissenschaft kann uns also helfen, Muster und Wahrscheinlichkeiten zu erkennen, aber sie liefert uns keine allumfassenden Wahrheiten. Aber sie hat auch nie beansprucht das zu tun. Jeder Trainingsansatz muss immer im Kontext der individuellen Situation und des Athleten betrachtet werden.

Trainer und Wissenschaft: Ein Dialog, der funktioniert

Interessanterweise ist es oft so, dass Trainer den ersten Schritt machen. Sie probieren neue Methoden aus und testen, was funktioniert. Diese Praxisexperimente sind der Ursprung vieler Trainingsmethoden. Erst danach kommt die Wissenschaft ins Spiel, um diese Methoden zu evaluieren. Sie zeigt uns, welche Faktoren zum Erfolg geführt haben und ob die Methode auch bei anderen Athleten mit ähnlichen Voraussetzungen funktionieren könnte.

Der Dialog zwischen Trainerpraxis und wissenschaftlicher Forschung ist daher entscheidend. Trainer bringen die Erfahrung und das Wissen über ihre Athleten mit, während die Wissenschaft hilft, zu verstehen, warum etwas funktioniert und ob es in einem größeren Kontext anwendbar ist.

Studien und Social Media: Wie viel Wert hat die Studienflut?

In der heutigen Zeit, in der jeder seine Trainingsmethoden auf Instagram oder YouTube teilen kann, wird oft eine Flut an Studien präsentiert, um die eigene Expertise zu untermauern. Doch nur weil jemand zehn Studien in die Kamera hält, heißt das nicht, dass diese Studien die gesamte Wahrheit liefern. Die Praxis und die individuelle Anpassung sind genauso wichtig. Und wir müssen uns immer bewusst machen, dass auch wissenschaftliche Studien Grenzen haben und oft nur eine bestimmte Perspektive bieten. Ich würde soweit gehen und sagen, dass besonders die, die viel “Studien Content” machen, nur begrenzte Erfahrung in der Praxis oder der Anwendung haben.

Auf der anderen Seite haben wir Personen die, komplett auf die Wissenschaft sche***en und nach dem Motto “Wer Erfolg hat, hat Recht” agieren. Aber auch das ist nicht der richtige Weg. Sehr oft haben die Leute mit Erfolg auch einfach Glück gehabt oder waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das liefert keinen Anspruch darauf, “Recht zu haben” oder eine überlegene Methode zu kennen.

Ein weiteres Problem ist das sogenannte "Cherrypicking" von Studien. In der Ernährung zum Beispiel gibt es viele Beispiele, bei denen eine einzelne Studie für eine bestimmte Theorie herangezogen wird – oft ohne den breiten Konsens der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen.

Die Wissenschaft hilft uns zu verstehen, aber sie beweist nichts

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wissenschaft uns nicht die absolute Wahrheit liefert, sondern Wahrscheinlichkeiten und Erklärungen, die uns helfen, Trainingsmethoden besser zu verstehen. Sie zeigt uns, was unter bestimmten Bedingungen funktioniert, aber sie kann nie alles vorhersagen. Jeder Athlet ist individuell, und das muss auch bei der Trainingsplanung berücksichtigt werden.

Was wirklich zählt, ist, dass wir die Erfahrungen der Trainer mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen kombinieren, um die besten Trainingsmethoden zu entwickeln, die auf den individuellen Bedarf jedes Athleten abgestimmt sind. Und auch wenn Studien eine wichtige Rolle spielen, so müssen wir stets kritisch hinterfragen, ob ihre Ergebnisse wirklich auf unsere spezifische Situation anwendbar sind.

Fazit: Wissenschaft als Werkzeug, nicht als Wahrheit

Die Wissenschaft bietet wertvolle Erkenntnisse, aber sie sollte nie als die endgültige Wahrheit betrachtet werden. Besonders im Bereich des Trainings, der Ernährung und der Performance-Optimierung müssen wir uns bewusst sein, dass jedes Training individuell angepasst werden muss. Nur so können wir sicherstellen, dass es wirklich zu den gewünschten Ergebnissen führt.

Die Kombination aus praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Forschung ist der Schlüssel, um als Trainer und Athlet erfolgreich zu sein.

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